Lina Ackerschott, Freiwillige im Sozialen Jahr in der Kultur (FSJK), seit September 2015 in der Integrativen Kulturwerkstatt Alte Schule
Ich bin Lina, 18 Jahre alt und komme aus Denklingen im Oberbergischen Kreis. Dieses Jahr habe ich mit dem Abitur meine Schullaufbahn beendet. Ich bin danach für drei Monate auf die Nordseeinsel Langeoog gezogen, um dort in der Saison zu arbeiten und um Erfahrungen zu sammeln.
Im Crepestand - meinem Arbeitsplatz - habe ich viele Menschen kennen gelernt, wodurch ich positive als auch negative Begegnungen erfahren durfte. Von netten Komplimenten bis zu bösen Beleidigungen war alles mit dabei. Aber am liebsten erzähle ich von den positiven Ereignissen, an die ich mich gerne erinnere. So auch von einer Truppe junger Männer welche einen Junggesellenabschied feierten:
Es war ein sonniger Nachmittag gegen Ende der Saison. Daher hatte ich nicht so viel zu tun. Da war es mir nur recht, dass eine Truppe, von 9 (zum Teil gut aussehenden) jungen Männern, auf den Crepestand zukam. „1x Käse, 2x Käse-Schinken, 2x Kinderschokolade und 4x Nutella bitte.“ Als ich ihnen direkt sagte was sie bezahlen mussten – während sie die Bestellungen aufgaben, rechnete ich im Kopf schon mit - waren sie so erstaunt über meine „Kopfrechnen Künste“, dass sie mir erst nicht glaubten und fragten wo mein Taschenrechner sei. Da ich keinen hatte rechneten sie mit einem Handy nach. Währenddessen machte ich mich an die Arbeit und fand recht schnell heraus, dass die Jungs einen Junggesellenabschied feiern wollten, beziehungsweise schon losgelegt hatten. Da sie sich nicht so gut auskannten, fragten sie mich wo man mich abends antreffen würde und so redeten wir über Möglichkeiten auf Langeoog feiern zu gehen. Außerdem fragten sie mich aus, welche Crêpes ich empfehlen würde, welchen ich am liebsten esse, ob ich schon alle Beläge die wir anbieten probiert hätte und wo ich abends am ehesten anzutreffen sei. Geduldig antwortete ich, dass ich meine am liebsten mit Puderzucker oder mit wenig Nutella und Chilipulver esse, diese also auch empfehlen würde. Außerdem hätte ich noch nicht alle Crêpes probiert und, dass es eine Bar gibt in der ich abends meist bin. Einer von den Jungs, der einen Nutella Crêpe bestellt hatte, meinte ganz empört warum ich das nicht gleich gesagt hätte und fragte daraufhin, ob es nicht möglich sei bei ihm ein wenig Chilipulver drauf zu tun. Da er der letzte war, habe ich ihm diesen gefallen gerne getan. Nachdem er probiert hatte, bezahlte er und meinte er würde mir gerne Trinkgeld geben, nicht nur wegen meinen Kopfrechnen Künsten sondern auch weil ich einfach nur nett war und sie gut unterhalten hätte. Das hat mich sehr gefreut.
Während die Jungs ihr Crêpes und Bier zu sich genommen haben als würden sie Kaffee und Kuchen essen, schaute ich ihnen daher amüsiert zu. Als sie dann den Pappteller samt Bierflasche in den Müll konnte ich nur noch schreien: „ Haaaalt nicht die leere Bierflasche in den Müll, gib sie mir bitte, ich räum sie weg.“ Doch anscheinend hielt niemand etwas von dem Vorschlag, außer mir. Der junge Mann guckte mich an und ließ die Flasche in den Müll fallen. Daraufhin bin ich zum Müll gegangen um die Flasche raus zu holen, doch der junge Mann war schneller. Da ich sowieso schon draußen war, fragte ich die restliche Truppe, ob einer noch eine leere Bierflasche hätte. „Willst du nicht lieber eine volle?“, fragte mich einer. „Gib ihr doch einfach eins“, sagte ein Anderer. Die Jungs guckten mich an und jeder hielt mir ein volles Bier vor die Nase. „Ich muss jetzt aber nicht alle nehmen oder?“ Wir lachten und ich nahm mir eins. Als letztes versprachen sie mir, dass wir uns noch in der Bar sehen die ich empfohlen hatte und so kam es dann auch. Als ich nach Feierabend die Bar betrat saßen die Jungs schon einem Tisch und waren lustig drauf.
Aber nicht nur menschlich habe ich neue Erfahrungen gesammelt: auf Langeoog habe ich das erste Mal eigenständig für meinen Lebensunterhalt gesorgt, zum Teil alleine als auch in einer WG gelebt und anfangs kannte ich niemanden, wodurch ich viele neue Leute kennen gelernt habe.
Da ich Theater, Kunst und Musik in jeglicher Art liebe – ob ausgedrückt durch Tanz, Gesang, Bilder oder Schauspiel – kam mir die Idee, ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Kultur zu verrichten. Mein Wunsch ist es seit langer Zeit Psychologie zu studieren. In meinem FSJ bin trotzdem offen für neues und kann erst in einem Jahr sagen ob das FSJ richtungsweisend war, ob ich meine Ziele weiter verfolge oder ob ich durch das FSJ einen anderen Weg einschlage.
Deswegen bin ich seit September dieses Jahres als Freiwillige in der Integrativen Kulturwerkstatt Alte Schule und im Jugendkulturbüro tätig. Das besondere an meinem FSJ ist, dass ich drei Tage die Woche in der Alten Schule und die restlichen zwei Tage im Jugendkulturbüro bin. Diese Kooperation besteht erst seit diesem Jahr.
Die Kulturwerkstatt erhofft sich dadurch eine Verzahnung der Jugendkultur- und der integrativen Kulturarbeit. Ich werde mein Bestes geben und plane deswegen mein FSJ-Projekt, dass Jugendkultur und die integrative Kulturarbeit vereint. Ich werde mein bestes geben.
In der Alten Schule helfe ich zum Beispiel bei den Veranstaltungsvorbereitung: Ende September hatten wir die Chaos-Impro Theatergruppe zu Besuch. Die Gruppe aus Köln spielte eine Telenovela auf Zuruf der Zuschauer. Zentralgeschehen des Spiels war auf dem Friedhof, nachdem die Zuschauer für diesen Spielort abgestimmt hatten. Es war ein lustiges Schauspiel wo es um Herz, Schmerz, Leidenschaft, gute und schlechte Zeiten ging.
Jede Woche Montag proben wir mit Kindern das Theaterstück die Olchis „Kleine Wesen im Müll“. Bei den Olchis handelt es sich um eine drei-Generationen-Familie, bestehend aus Großeltern, Eltern und drei Kindern. Die Familie lebt in einer Höhle auf der Müllkippe von Schmuddelfing. Außerdem lieben die Olchis alles, was Menschen eklig finden: Sie essen Schuhsohlen und Schrauben, trinken Stinkerbrühe und Fahrradöl, baden im Schlamm und können Ordnung nicht ausstehen. Deswegen sind sie auch begeistert als ihnen ein Job angeboten wird: Sie sollen auf den Blauen Bergen für Ordnung sorgen, indem sie den Müll von den Touristen einsammeln. Das wollen sich die Olchis nicht entgehen lassen.
Außerdem bin ich jeden Mittwoch bei KIT (Konzept Integrativer Theaterarbeit). Wir Proben für das Theaterstück „Hochzeit auf Erden“, welches am 03.06., 04.06., 10.06., 11.06. und 12.06 aufgeführt wird. Eine Geschichte über Sehnsucht, Gleichgültigkeit und Bösartigkeit, Hoffnung, Zuversicht, Mut, über das Erwachsenwerden, Loslassen können, Toleranz, über Himmel und Hölle und natürlich über die Liebe.
Im Jugendkulturbüro helfe ich bei der Planung von Veranstaltungen und bin schon als Begleitperson mitgefahren:
Vom 5.-7.10.15 haben wir eine Fahrt nach Aachen angeboten. Dort haben wir die Stadt, den Dom und die Uni besichtigt. Außerdem waren wir am Dreiländereck und haben nachts Geocaching gespielt. Es hatten nicht nur die Jugendlichen ihren Spaß, sondern auch die Betreuer.
Am 09.10.15 sind wir mit ein paar Jugendlichen zur Spielemesse nach Essen. Brett-, Karten-, Rollen- oder elektronische Spiele, alles was ein
Gamerherz höher schlagen lässt, war mit dabei.
Außerdem schreibe ich für den Kleinen Prinzen Artikel.
Glücklicherweise wurde ich von allen in der Alten Schule und im Jugendkulturbüro herzlich empfangen und aufgenommen. Besonders freue ich mich auf die umfangreichen Aufgaben, die im folgenden Jahr auf mich zukommen, als auch auf die Seminare. Dort habe ich die Möglichkeit, mich mit anderen FSJ-lern auszutauschen und verschiedene Kurse zu belegen, welche mit Kultur in Verbindung stehen.
Vielleicht lernen wir uns auf einer Veranstaltung in der Integrativen Kulturwerkstatt Alte Schule oder vom Jugendkulturbüro kennen.